Interview mit Marco Denoth

Wofür setzt du dich ein?

«Ich arbeite für mehr Solidarität in unserer Gesellschaft. Ich setze mich ein für mehr Fairness. Sei dies durch Umverteilung, Besteuerung von Kapitalgewinn und Entlastung und Aufwertung der Lohnarbeit. Die Menschen sind verschieden und werden in unterschiedlichste Umfelder hineingeboren. Doch sie sollen alle die gleichen Chancen erhalten. Andersdenkende und anderslebende begegne ich mit Respekt: Das bin ich und dafür stehe ich ein.»

Fördern, aufwerten  und schützen beim genossenschaftlichen Wohnungsbau?

Hier zeigt sich ein grosser Zielkonflikt der SP-Politik als älteste grüne Partei.  Wir müssen selbstverständlich energieeffizientes und insbesondere fossilfreies Wohnen fördern. Darum brauchen wir Rahmenbedingungen, welche die Verdrängung verhindert und doch eine Aufwertung ermöglicht. In München gibt es die Erhaltungssatzung. Mit diesen „Quartiererhaltungszonen“ werden verdrängungs- und aufwertungsgefährdete Stadtgebiete vor gewinnorientiertem Grundstückverkauf, Umwandlung von Miet- in Eigentum und unkontrollierten Renovierungen geschützt.

Sind Beitrittsverhandlungen mit der EU für Dich eine Alternative zum möglichen Scheitern des Rahmenabkommens mit der EU?

Das Rahmenabkommen muss durchgehen, aber der Lohnschutz muss gewährleistet bleiben. Ich hätte zurzeit echt Mühe, der EU beitreten zu wollen, solange sie es nicht schafft, Menschen an der EU-Aussengrenze menschenwürdig zu behandeln. Das ist nicht nur eine Angelegenheit von Italien und Ungarn.

Wie hältst du es mit der Anschaffung eines neuen Kampfflugzeugs?

Ich sehe nichts Gutes an Beschaffung von Kriegsmaterial.

Die Prämien-Entlastungsinitiative der SP ist zwar unbestritten, verhindert aber weder einen Prämien- noch einen Kostenanstieg im Gesundheitsbereich.

Meine Mutter ist soeben nach einer Leidenszeit von 2.5 Jahren an einem Hirntumor gestorben. Meine Mutter lebte von einem Tag auf den andern in einem Zustand, den sie nie wollte. Rollstuhl, halbseitig gelähmt, Aphasie, kognitiv eingeschränkt, inkontinent – eben vollständig auf Pflege angewiesen. Der Tod meiner Mutter hat den Staat, die Krankenkasse und uns gut CHF 700’000 gekostet. Warum? Zum Teil wegen Fehldiagnosen, unfähiger Kommunikation und falscher Selbsteinschätzung der Ärzte, zu vielen Behandlungen, überrissenen Honoraren (z.B. Ärztehonorar für eine 4-stündige OP: CHF 10’000) etc. Ich habe durch dieses Schicksal das Gesundheitssystem besser kennengelernt und sehe viele Punkte zum Ansetzen. Aber es ist schwierig.

Chancen der Digitalisierung vor dem Hintergrund der zunehmenden Digitalisierung der Arbeitsplätze und der dabei artikulierten Ängste bei Angestellten in Tieflohnberufen.

Es wird Aufgabe der SP sein, auch die Risiken zu beleuchten und anzupacken, damit niemand wegen der Digitalisierung durch die sozialen Netze fällt. Das wird eine grosse und mühsame Arbeit werden.