Politglossar

Mehrheitsverhältnisse

Absolutes Mehr
Absolutes Mehr

Absolutes Mehr

Definition:
Mindestens die Hälfte aller gültig abgegebenen Stimmen +1

 

Beispiel:
800 Wahlzettel wurden in die Urne gelegt.
12 davon waren ungültig und 37 leer.
Von den eingelegten Wahlzetteln werden die ungültigen und die leeren weggezählt.
800 – 12 – 37 = 751 gültige Wahlzettel
751 : 2 = 375,5 (wird abgerundet).
375 + 1 = 376 (Absolutes Mehr)

Relatives Mehr
Relatives Mehr

Relatives Mehr

Definition:

Wer am meisten Stimmen erhält, ist gewählt.

 

Beispiel:
Es erhalten Stimmen: A 6 247, B 6 359, C 4 122.
Gewählt ist B. Das absolute Mehr wird nicht ermittelt, da es keine Rolle spielt.

Qualifiziertes Mehr
Qualifiziertes Mehr

Qualifiziertes Mehr

Definition:
Erforderlich ist eine Zahl, die über dem absoluten Mehr liegt, zum Beispiel eine Mehrheit von 2/3, 3/4, 4/5.

 

Beispiel:
In Vereinsstatuten kann man oftmals lesen: «Die Statuten können nur geändert werden, wenn 2/3 aller Mitglieder der Änderung zustimmen.»

Volksmehr
Volksmehr

Volksmehr

Definition:
Die Mehrheit der gültig stimmenden Personen.

 

Beispiel:
Das Abstimmungsresultat zu einer eidgenössischen Vorlage ergibt:
1 557 483 Ja-Stimmen gegen 823 621 Nein-Stimmen.

Zur Annahme eines Gesetzes ist das Volksmehr erforderlich.

Ständemehr
Ständemehr

Ständemehr

Definition:
Die Mehrheit der Kantone (Stände).

Damit das Ständemehr erreicht wird, müssen mindestens 12 Stände die Vorlage bejahen.
Das Volksmehr im jeweiligen Kanton entscheidet, ob dieser Kanton als «Ja-Kanton» oder als «Nein-Kanton» gewertet wird. Die Kantone AR, AI, BS, BL, OW und NW zählt man als halbe Stimme (BV Art. 142).
Ein Unentschieden bei den Ständen bedeutet bereits Ablehnung der Vorlage.

 

Es gibt keine Abstimmung, bei der nur das Ständemehr allein erforderlich wäre.

Doppeltes Mehr
Doppeltes Mehr

Doppeltes Mehr

Definition:
Volks- und Ständemehr zusammen.

Bei Änderungen der BV (Art. 140, 195), bei dringlichen Bundesgesetzen ohne Verfassungsgrundlage (BV Art. 140, 165) und für den Beitritt zu gewissen internationalen Organisationen (BV Art. 140) ist das doppelte Mehr erforderlich.

 

Beispiel:
Volksmehr: 1 557 483 Ja gegen 823 621 Nein.
Ständemehr: 15 1/2 Kantone Ja gegen 7 1/2 Kantone Nein.

Parlamentarische Mittel

Vorstoss

Vorstoss heisst genau das, was wir im Alltag, je nach Kontext unterschiedlich, meinen. Vorstoss ist kein politischer Fachbegriff und hat demnach keine Bedeutung, die die üblichen Wörterbücher nicht auch geben würden.

Ein Vorstoss meint in der politischen Berichterstattung eine Aktivität, die in Richtung eines Gesetzes zielt. Gesetze werden in der Schweiz auf drei Ebenen erlassen: In den Parlamenten der Gemeinden, der Kantone und im Bundesparlament. Auf Bundesebene macht eine Parlamentarierin oder ein Parlamentarier beispielsweise einen Vorstoss, indem sie oder er mittels einer Motion vom Bundesrat verlangt, einen Entwurf zu einem Gesetz oder Bundesbeschluss vorzulegen.

Die Parlamentarische Initiative, das Postulat sowie die Einfache Anfrage sind weitere Vor- und Anstossmöglichkeiten in Richtung Gesetz. Die Interpellation und die Anfrage sind auch dazu da, die Arbeit der Regierung zu verfolgen, indem sie sie, beispielsweise den Bundesrat, auffordern, über ihre Tätigkeit zu informieren. Im Folgenden werden die politischen Fachbegriffe, die oft unter Vorstoss allgemein und unpräzise gemeint sind, erklärt.

Motion

Die Motion ist das wichtigste Mittel der Parlamentarierinnen und Parlamentarier einen Gesetzesentwurf anzuregen. Sie ist ein verbindlicher Antrag an den Bundesrat einen Gesetzes- oder Bundesbeschlussentwurf vorzulegen. Die Motion muss von beiden Räten als erheblich erklärt werden, damit sie wirksam wird und der Bundesrat ihr Folge leisten muss. Das heisst, es wird darüber abgestimmt. Beide Räte müssen zustimmen, dass die Motion überwiesen wird.

Postulat

Das Postulat ist ähnlich wie die Motion, nur hat sie nicht so weitreichende Konsequenzen. Mit dem Postulat wird der Bundesrat aufgefordert zu prüfen, ob ein Gesetzesentwurf vorzulegen oder sonst eine Massnahme zu treffen ist. Zur Überweisung des Postulates braucht es nur die Zustimmung eines Rates.

Interpellation und Einfache Anfrage

Beide parlamentarischen Mittel verlangen vom Bundesrat Auskunft über eine Angelegenheit des Bundes, seiner Politik oder Verwaltung. Wird die Interpellation von einem Rat für dringlich erklärt, muss der Bundesrat noch in der gleichen Session antworten. Er tut dies meist mündlich. Die Einfache Anfrage wird meist schriftlich beantwortet.

Parlamentarische Initiative

Jedes Ratsmitglied oder eine Kommission kann eine Parlamentarische Initiative einreichen. Die Initiative beinhaltet entweder einen bereits ausgearbeiteten Gesetzesentwurf oder nur eine Anregung dazu. Stimmen die zuständigen Kommissionen beider Räte der Initiative zu, muss eine Ratskommission einen Entwurf ausarbeiten; liegt bereits ein fertiger Entwurf vor, muss er von der Kommission vorberaten werden. Anschliessend kommt die Vorlage vor die Räte. Wenn diese zustimmen, ist ein Bundesgesetz ohne Bundesrat entstanden.

Einzelinitiative

Die Einzelinitiative ist in einigen Kantonen möglich (z.B. AI, OW, NW, SZ, ZG, ZH). Sie gibt einer einzelnen stimmberechtigten Person das Recht eine Initiative einzureichen. Das Parlament muss ihr auch zustimmen damit sie überwiesen wird. (Genaueres für den Kt. ZH siehe Kantonsverfassung Art. 31.)

Mehr dazu

Mehr dazu auf Bundesebene
erfährt man auf einer interaktiven Webseite des Bundesparlamentes. Sie zeigt, wie ein Gesetz entsteht, unser Staat aufgebaut ist, welche Regierungsform er hat und vieles mehr. Der kleine halbstündige Kurs ist als Einführung sehr empfehlenswert.
Mehr dazu auf kantonaler Ebene
Wer gerne wissen möchte, was die Begriffe Interpellation, Motion und so weiter auf kantonalzürcherischer Ebene bedeuten, findet hier mehr dazu.

Wann ist welcher Vorstoss sinnvoll?

Eine Parlamentarierin und ein Parlamentarier würde wohl immer zur Motion greifen, wenn das eine so einfache Sache wäre. Bei der Frage nach der Wahl des angemessenen politischen Mittels wird eine ParlamentarierIn abwägen zwischen grösstmöglicher Akzeptanz im Parlament und grösstmöglicher politischer Wirkung. Meistens gilt die Regel: je geringer die politische Wirkung desto höher die Akzeptanz im Parlament. Es liegt in der Natur der Sache, dass die eine politische Partei gerne ein Gesetz hätte, das die anderen gerade nicht wollen. So hätte die SP sicher gerne ein Gesetz das degressive Steuern verbieten würde. Eine Motion in dieser Richtung hätte es sicher nicht so einfach durchzukommen und könnte am Widerstand der bürgerlichen Parteien scheitern. Eine Motion kann also durchfallen und anschliessend allenfalls noch als Postulat durchgehen. Ist auch das nicht mehr möglich, bleibt vielleicht noch eine Anfrage zum Thema. Wobei das dann bereits nicht mehr sinnvoll ist, die Informationen hätte man wohl besser eingeholt, bevor man das Gesetz angeregt hätte.